Fitness im Motorsport: Körpertuning bei Otmar Keller

Share

Otmar Keller und Töff-Star Tom Lüthi beim Training

Im Rennsport geht es nicht nur um Pferdestärken und Rennreifen. Ein gut trainierter Fahrer ist oft der effizienteste Schlüssel für erfolgreicheres Abschneiden.

Schwitzen für den Erfolg! Was für Formel-1-Piloten und andere Rennsportprofis längst selbstverständlich ist, fristet bei vielen Amateur-Rennfahrern und Nachwuchs-Piloten noch immer ein Mauerblümchendasein. «Fitness», weiss der auf den Automobilsport spezialisierte Konditionstrainer und Physiotherapeut Otmar Keller, «ist Ausdauer, Koordination, Muskelkraft und mentale Stärke. Alle diese Komponenten sind für den ehrgeizigen Amateur, der Kart-Rennen, Slalom oder Bergrennen bestreitet, genau so unverzichtbar wie für den Profipiloten».

Kanufahren auf dem Sihlsee für Rahel Frey (r.) und Cyndie Allemann (M.)

Keller weiss, wovon er spricht, er verfügt über ausgezeichnete Referenzen. Er trimmte die Segelcrew der Alinghi für den Gewinn des America’s Cup fit und brachte die Fussball-Nati für die Euro 08 in Form. Im Motorsport betreut er regelmässig Marcel Fässler, Moto2-Pilot Tom Lüthi, Fabio Leimer, die Junioren des Jenzer-Teams sowie auch die Rennladies Rahel Frey, Cyndie Allemann und Natacha Gachnang vom Matech-GT1-Team.

Als besonders wichtig bezeichnet der für seine ungewöhnlichen Methoden bekannte Sportprofi aus Schindellegi (SZ) die Durchmischung und die Ausgewogenheit des Trainings. Ein bisschen joggen und ein paar Gewichte stemmen bringen ebenso wenig wie ein qualvolles Training, das man hasst. Keller: «Im Kraftraum und beim Ausdauertraining gehen wir mit unseren Schützlingen schon hart an die Grenzen. Das stärkt zusätzlich das Mentale. Trotzdem sollen alle Trainingsaktivitäten immer auch Freude vermitteln. Spiele, regenerative Massnahmen wie Wellness und ein gemütliches Fondueessen nach einer harten Schneeschuhtour sind wichtige Komponenten».

Beispiel Marcel Fässler: Mit ihm hat Keller seit 1999 das Programm «Fit for Racing» entwickelt. Der Aufbau dauerte über sieben Jahre. Heute sind die meisten Trainingseinheiten für Fässler zugleich Spass und Hobby, oft steht er Keller auch als Assistenztrainer zur Seite.

Stefan Lüscher begleitet junge Rennfahrer mit Schneeschuhen aufs Gipfelkreuz

Im Kraftraum fördert Otmar Keller nebst der reinen Kraft auch die Koordination und Feinmotorik, lässt seine Schützlinge auf Brettern balancieren, auf vibrierenden Platten stehend vibrierende Hanteln stemmen, mit Bällen jonglieren und an schweren Eisenscheiben, wie Lenkräder drehen – immer zusätzlich durch einen mit angeschraubten Gewichten erschwerten Helm belastet. Dieser stärkt die bei Autorennfahrern besonders geforderte Halsmuskulatur. Zur Auflockerung gibt es zu fetziger Musik Einheiten auf dem Spinning-Rad oder ein Volleyball-Spiel. Das fördert den Teamgeist.

Fabio Leimer vor Marcel Fässler. Schneeschuhlaufen geht ganz schön an die Substanz.

Der neuste Hit des Physiotherapeuten ist die von ihm mitentwickelte, im Trainingsbereich revolutionäre «Dynamik Leg Press». Frei programmierbar kann das mit modernster Technik gespickte Gerät mittels Luftdruck jede erdenkliche Belastung der Beinmuskulatur simulieren. Alles innert einer Zehntelsekunde und bis zu 400 Kilo Belastung pro Bein. Es kann Schnellkraft trainieren, die Dosierung der Muskelkraft – beispielsweise fürs progressive Bremsen – verbessern und alle Vorgänge auf dem Bildschirm dokumentieren. Viel Suchtpotenzial beinhalten raffinierte Computeranimationen, welche gleichzeitig die Reaktionsfähigkeit schulen und die Muskeln in einer individuell vorgegebenen Weise trainieren.

Auch für den Outdoor-Bereich empfiehlt Keller möglichst viel Abwechslung. Im Winter geht er mit seinen Schützlingen Schneeschuhlaufen, Eisklettern oder Langlaufen. Vor dem Frühstück steht jeweils ein Warm Up im Pflichtenheft. In den Mittelpunkt des Sommer-Programms rückt Keller Sportarten, die Rennfahrern schon wegen ihrer Dynamik mehr Spass bereiten und die zusätzlich ein koordinatives Element beinhalten. Dazu gehören Inline-Skating und Velofahren auf dem Mountainbike oder dem Rennvelo. Als willkommener Ausgleich beinhalten die Trainingspläne Indoor-Klettern und intensives Seekajakfahren, eine Disziplin, mit der sich auch Mark Webber einen Teil seiner Fitness holt.

Um den Gesamtstress eines Rennwochenendes möglichst bewältigen zu können, braucht es zwischen den vorbereitenden Trainingseinheiten gezielte Regenerationsphasen. Zum Beispiel Wellness, Massagen oder eine Magnetfeld-Therapie. Und genau so zielführend wie Gewichte stemmen sind adäquate Ernährungsgewohnheiten. Keller: «Gezieltes Feintuning bei Körper und Geist erachte ich als so entscheidend wie beim Fahrzeug. Und auf jeden Fall ist das Training des Körpers wesentlich günstiger».

Leave a comment

Your comment