Audi-Werkspilot Marcel Fässler gewinnt Le Mans – ein historischer Schweizer Sieg

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Marcel Fässler hat sich seinen grössten Traum erfüllt. Als erster Schweizer gewinnt er das legendäre 24-Stunden-Rennen von Le Mans. Fässler teilte sich das Cockpit mit dem Deutschen André Lotter und dem Franzosen Benoit Tréluyer. Fässler und das Team Audi gewannen nach 24 dramatischen Stunden mit nur 13,8 Sekunden Vorsprung auf das Peugeot-Team von Bourdais/Pagenaud/Lamy.

Historischer Schweizer Sieg: Marcel Fässler gewinnt mit Audi das 24-Stunden-Rennen von Le Mans
Historischer Schweizer Sieg: Marcel Fässler gewinnt mit André Lotterer und Benoit Treluyer und dem Team Audi das legendäre 24-Stunden-Rennen von Le Mans

Zittern bis zum Ende. Marcel Fässler schaute immer wieder auf die Uhr und dachte, sie sei kaputt. Die Sekunden schlichen sich wie Minuten dahin. Audi hatte von drei R18 TDI nur noch ein Fahrzeug im Rennen. Die Startnummer 2 von Marcel Fässler, Benoit Tréluyer und André Lotterer. Der mit japanischer Lizenz fahrende Deutsche fuhr die Schlussphase eines wirklich dramatischen Rennens.

Le Mans-Sieg für Audi-Pilot Marcel Fässler: Das ist wie ein Olympiasieg.
Le Mans-Sieg für Audi-Pilot Marcel Fässler: Das ist wie ein Olympiasieg.

Am Ende konnte sich Fässler über einen historischen Schweizer Sieg freuen und sich von 250’000 Zuschauern und mit einer Rolex-Uhr feiern lassen. Im Ziel betrug der Vorsprung des Siegerteams winzige 13,8 Sekunden.

Am Samstag um 15 Uhr starteten 56 Fahrzeuge zur 79. Auflage des berühmtesten Autorennens der Welt. Ein Sieg in Le Mans ist für einen Autorennfahrer wie ein Olympiasieg. Etwas für die Ewigkeit, ein Titel wie ein Doktortitel. Marcel Fässler hat diesen Olymp des Rennsports erreicht. Und er hat damit Schweizer Rennsportgeschichte geschrieben.

Schon im Vorjahr feierte Fässler im Audi R15 TDI den zweiten Gesamtrang. Dieses Jahr wurde der grösste Traum des Profipiloten aus Gross bei Einsiedeln erfüllt. Als bisher einziger Schweizer gewannen er und sein Team nach 397 langen Runden die 24 Stunden von Le Mans. Dies sogar aus der Pole Position.

Obwohl der Audi R18 TDI von Fässler Trainingsschnellster war, war das Rennen alles andere als einfach. Rund vierzig Mal wechselte die Führung zwischen Audi und Peugeot. Die Franzosen konnten etwas sparsamer fahren und die Boxenstopps um durchschnittlich eine Runde hinauszögern. In den 24 Stunden musste der siegreiche Audi R18 TDI von Marcel Fässler 31 Mal die Boxen zum Nachtanken ansteuern (Tankinhalt laut Reglement 61 Liter). Beim zweitklassierten Peugeot waren es nur 27 Boxenstopps. Im Gegenzug musste Audi das einzige im Rennen verbliebene Fahrzeug etwas schneller abfertigen und auf der Piste musste es schneller gefahren werden. Die Schlussphase wurde aber nochmals dramatisch, was der Zuschauer gar nicht mitbekam. Wegen eines schleichenden Plattfusses musst der letzte Boxenhalt vorgezogen und die Reifen ausserplanmässig nochmals gewechselt werden. Lotterer rollte dann zwar auf neuem Gummi, musste dafür aber bangen, dass der Diesel ausgehe und entsprechend effizient fahren.

Ohnehin schien es fast unmöglich, gegen den starken Gegner Peugeot den zehnten Sieg für Audi realisieren zu können. Audi verlor schon früh zwei Fahrzeuge durch haarsträubende Unfälle, bei denen die Fahrer nur dank der extrem hochentwickelten Technologie der modernen Sport-Prototypen heil blieben. Allan Mc Nish versuchte ein zu waghalsiges Überhol- und Überrundungsmanöver, das mit einem mehrfachen Überschlag endete. Der in der Schweiz lebende Mike Rockefeller wurde nachts bei rund 250 km/h das Opfer eines unvorsichtigen Ferrari-Piloten und überschlug sich nach einer Berührung beim Überrunden ebenfalls mehrfach. In der Endphase machte Nieselregen die Fahrbahn zusätzlich rutschig.

UNFALL AUDI-PILOT ALAN MCNISH

Fässler fuhr im Verlauf der 24 Stunden zwei vierfache Stints am Samstag zwischen 18 bis 21 Uhr und in der besonders anspruchsvollen Nachtperiode von 03.30 Uhr bis 06.30 Uhr und glänzte dabei mit grosser Konstanz und den zeitweise schnellsten Rennrunden es Feldes. Nach einem packenden Zweikampf gegen den Peugeot von Anthony Davidson übergab er den R18 TDI in Führung liegend an Lotterer.

Um Zeit zu sparen verzichtete Audi in der Schlussphase auf einen weiteren geplanten Fahrerwechsel und Reifenwechsel und liess Tréluyer und Lotterer danach je fast vier Stunden hinter dem Lenkrad. Fässler: «Ich bin überglücklich. Dass ich am Schluss nicht mehr zum Fahren kam, ist für mich kein Problem. Wir sind ein Team. Wir gewinnen und wir verlieren zusammen. Diesmal war das Glück auf unserer Seite.»

Die weiteren Schweizer in Le Mans 2011:
Einen grossen Erfolg kann auch der Seeländer Neel Jani feiern. Mit dem Lola-Toyota des Schweizer Rebellion-Teams und den Teamkollegen Nicolas Prost (F) und Jeroen Blekemolen (NL) belegte er nicht nur den tollen sechsten Gesamtrang. Hinter fünf technisch überlegenen Diesel-Fahrzeugen war der Lola-Toyota von Jani das beste Fahrzeug mit Benzinmotor. Das Schwester-Auto des Rebellion-Teams schied in den frühen Morgenstunden durch einen Unfall aus.

Das Schweizer Team Race Performance mit den Schweizer Piloten Ralph Meichtry und Michel Frey fuhr trotz vieler technischer Probleme mit dem Oreca 03 Judd BMW auf den 19 Rang (6. LMP2).

Klassensieger der GTE Am wurde wie im Vorjahr der Tessiner Gabriele Gardel auf einer Corvette von Larbre Competition. Trotz einiger Probleme, insbesondere in den Trainings, mit demvon einem Cosworth-V8 befeuerten Lotus Evora von JetAlliance sah als 22. mit 60 Runden Rückstand auf die Sieger auch Jonathan Hirschi die Zielflagge.

Zum den ersten Ausgefallenen zählte der Genfer Harold Primat, dessen neuer Aston Martin LMP1 schon nach wenigen Runden den Geist aufgab. Respekt verdient hingegen das Schweizer Team Hope Pole, das mit dem Schweizer Piloten Steve Zaccia und dem vom Liechtensteiner Heinz Lehmann betreuten Oreca Swiss Hi-Tech-Hybrid bis zum Ausfall wegen eines kleinen Feuers immerhin 115 Runden schaffte.

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