Offene Rennbahn Zürich Oerlikon – ein Hauch von Indianapolis

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Historische Rennfahrzeuge sorgten bei Demofahrten auf der offenen Rennbahn von Oerlikon für eine einzigartige Atmosphäre.
Historische Rennfahrzeuge sorgten bei Demofahrten auf der offenen Rennbahn von Oerlikon für eine einzigartige Atmosphäre.

Wer hätte das gedacht. Die offene Radrennbahn in Zürich Oerlikon ist die älteste noch in Betrieb stehende Sportanlage de Schweiz. Sie verströmt einzigartigen Charme und sie ist ein schützenswertes Relikt. Einmal pro Jahr fahren sogar Autos und Motorräder auf ihr. Zuletzt vor rund 4000 Zuschauern.

Der Vergleich mit Indianapolis hinkt. Die 1912 fertiggestellte Radrennbahn von Zürich Oerlikon misst nur gerade 333 Meter. Damit ist für Autorennen völlig ungeeignet. Trotzdem sind es gerade die historischen Rennfahrzeuge, die das grösste Zuschauerinteresse generieren. Bei der letzten gemischten Veranstaltung mit Velos, Autos und Motorräder pilgerten fast 4000 Zuschauer nach Oerlikon und zelebrierten ein tolles Sportfest bis tief in die Nacht. Mit Fachgesprächen, Bratwürsten und Bier.

 

Organisator der Demofahrten von hochkarätigen Rennfahrzeugen aus vergangenen Tagen ist Unternehmer Georges Kaufmann, der selbst mit einem Maserati Grand Prix-Rennwagen für Stimmung sorgt. Mit seiner Initiative verhilft er der Rennbahn zum bestbesuchten Anlass des Jahres. 2012 feiert das traditionelle Sportstadion sein 100 Jahre Jubiläum und ebenfalls im kommenden Jahr das 10 Jahre Jubiläum der beliebten Oldtimer-Demorunden.

Leider ist die altehrwürdige Rennbahn nicht nur im Focus von Rennsportfreunden. Vielmehr ist sie im Focus von Immobilienhaien, die das Stadion platt machen und vergolden möchten. Vielleicht hat aber die Stadt ein Einsehen und schützt die traditionsreiche Sportstätte.

 

Immerhin ist die offene Rennbahn Oerlikon auch eine bedeutende Talentschmiede des Schweizer Radsportes gewesen. Insgesamt hat die Rennbahn elf, zum Teil mehrfache, Weltmeister hervorgebracht. In den 1920er-Jahren reüssierten Ernst Kaufmann und Paul Suter als Weltmeister. In den 1940- und 1950er-Jahren waren Oscar Plattner, Hugo Kobelt, Ferdy Kübler und Walter Bucher Steher) erfolgreiche Lokalmatadoren und WM-Medaillengewinner. Sie lösten damit eine Radsport-Euphorie in der Schweiz aus.

Für sportliche Glanzleistungen sorgten Robert Dill-Bundi, Urs Freuler und Max Hürzeler (Steher) in den 1980er-Jahren mit dem mehrfachen Gewinn des WM-Titels in ihrer Disziplin. Mit dem Beginn der 1990er-Jahre machten Peter Steiger, Kurt Betschart und Bruno Risi auf der Rennbahn in Oerlikon und danach international auf sich aufmerksam. In jüngster Vergangenheit konnten Alexander Aeschbach und der Zürcher Franco Marvulli grosse Siege einfahren. Auf nationaler Ebene dominiert der Ostschweizer Partik Merk die Sprint-Wettkämpfe in Oerlikon seit über zehn Jahren.

Im Fahrerlager wurden die Klassiker bewundert und viele Benzingespräche geführt.
Im Fahrerlager wurden die Klassiker bewundert und viele Benzingespräche geführt.

An jedem warmem, trockenem Juli-Abend waren aber die motorisierten Vehikel die Stars der Szene. Sie wurden zum Teil von durchaus grossen Namen des Motorsports publikumswirksam um den Kurs mit seinen beiden spektakulären Steilwandkurven gelenkt. Von der Motorrad-Rennzunft waren die Legenden Luigi Taveri und Bruno Kneubühler mit selbstgebauten Replikas der legendären Honda von Taveri am Start sowie der aktuelle Moto2-Pilot Randy Krummenacher vom Team Grand Racing Switzerland. Viel Applaus erhielt auch Le Mans-Sieger Marcel Fässler, der mit einem kurzen Audi Quattro der AMAG Demorunden drehte und viele Autogramme schrieb.

Weitere Höhepunkte waren seltene Rennwagen aus vergangenen Tagen, Seitenwagen und klangvolle Rennmotoren, die den Beton erzittern liessen. Eine Zeitnahme gab es nicht, es gab auch keine Rennen und es wurden von den Piloten keine Risiken eingegangen. Trotzdem gab es viele Sieger: die Interessengemeinschaft der offenen Rennbahn und die Zuschauer, die hoffentlich noch viele solcher Anlässe erleben dürfen.

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