Schweizer Tag in Le Mans: Zweiter Gesamtsieg für Fässler

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Starke Schweizer bei der 80. Austragung des berühmten 24h-Rennens von Le Mans. Audi-Werkspilot Marcel Fässler wiederholte seinen historischen Vorjahressieg und triumphierte mit André Lotterer und Benoit Tréluyer auch im neuen Audi R18 e-tron quattro. Damit gehen der Schweizer und sein Team als erste Hybrid-Sieger in die Geschichte ein. Als glänzender Vierter wurde Neel Jani mit Nick Heidfeld und Nicolas Prost im Rebellion Lola-Toyota bester Nicht-Werkspilot.

Marcel Fässler, André Lotterer und Benoit Tréluyer feierten im Audi R18 e-tron quattro beim 24h-Rennen Le Mans 2012 den ersten Hybrid-Sieg.
Marcel Fässler, André Lotterer und Benoit Tréluyer feierten im Audi R18 e-tron quattro beim 24h-Rennen Le Mans 2012 den ersten Hybrid-Sieg.

 

79 Austragungen dauerte es, bis ein Schweizer die 24 Stunden von Le Mans gewinnen konnte. Nun doppelte Marcel Fässler in der 80. Durchführung des französischen Traditionsrennens gleich nach. Der 36-jährige Schwyzer schrieb bei seinem zweiten Sieg erneut Motorsport-Geschichte: Zum ersten Mal setzte sich in Le Mans ein Auto mit Hybridtechnologie durch, was auch Audi-Motorsportchef Dr. Wolfgang Ullrich überaus freute: «Das ist fraglos ein historischer Sieg für Audi. Wir waren die ersten, die Le Mans mit einem direkteinspritzenden Turbo-Benziner gewonnen haben und die ersten, die mit einem Dieselmotor erfolgreich waren. Es ist ein tolles Ergebnis, dass Audi nun auch die erste Marke ist, die es geschafft hat, mit einem Hybrid-Fahrzeug zu siegen – und zwar wie auch mit den beiden anderen Technologien im ersten Anlauf. Und das auch noch mit beiden R18 e-tron quattro auf den ersten beiden Plätzen. Das war eine großartige Leistung der gesamten Mannschaft, natürlich auch mit der Unterstützung der Technischen Entwicklung von Audi. Denn wir arbeiten immer ganz eng mit jenen Menschen zusammen, die unsere Autos von morgen für die Kunden entwickeln.»

Audi reiste mit vier Werkswagen als Topfavorit an. Trotzdem blieb das 24h-Rennen bis zum Ende spannend. Kaum ein Team kam ohne Probleme durch. Auch die Vorjahressieger Marcel Fässler, André Lotterer und Benoit Tréluyer nicht. Das Team mit der Startnummer 1 nahm das prestigeträchtige Langstreckenrennen am Samstag um 15 Uhr von der Pole-Position aus in Angriff und führte das Feld lange Zeit souverän an.

KARRIERE VON MARCEL FÄSSLER

Nach einigen schnellen und problemlosen Stints in Führung erlebte Fässler am frühen Sonntag Morgen eine schwierige Phase: Zuerst drehte er sich kurz nach 4 Uhr in der Frühe in den schnellen Porsche-Kurven. Er verlor dabei lediglich Zeit ohne anzuschlagen, was an dieser Stelle viel Glück bedeutet. Beim nächsten Stint konnte Fässler ausgangs der Mulsanne-Kurve erst im letzten Moment einer auf der Ideallinie quer stehenden Corvette ausweichen, die sich dort gedreht hatte. Bei diesem Manöver musste Fässler durchs Kiesbeet ausweichen. Dabei touchierte er die Streckenbegrenzung und beschädigte seinen Heckflügel, was einen Boxenstopp nötig machte.

Audi konnte 2012 bei den 24h von Le Mans gleich einen Dreifachsieg feiern.
Audi konnte 2012 bei den 24h von Le Mans gleich einen Dreifachsieg feiern.

Happy End nach einem harten Rennen
Als Fässler später Tom Kristensen im zweiten R18 e-tron quattro wieder die Führung abjagen wollte und ihn am Ende der Hunaudières-Geraden aussenrum ausbremsen wollte, bremsten beide auf dem letzten Drücker. Um nicht eine Kollision oder einen Dreher zu riskieren, fuhr Fässler zur Sicherheit erneut durchs Kiesbeet, ohne dabei etwas zu beschädigen, was aber erneut einige Sekunden kostete. Auch Teamkollege Treluyer leistete sich einmal einen Dreher.

Durch all diese Zwischenfälle konnten die zwischenzeitlich um eine Runde zurück liegenden Audi-internen Konkurrenten mit den Routiniers McNish/Kristensen/Capello aufholen und die Führung übernehmen. Rund drei Stunden vor Schluss entschied aber ziemlich heftig aussehender Unfall mit Leitplankenkontakt von Routinier Allan McNish das packende Duell der beiden Hybrid-Audis. McNish konnte zur Box fahren und nach kurzen Reparaturarbeiten das Rennen an zweiter Stelle zwar fortsetzen, jedoch ohne weitere Chance auf den Sieg. Für Marcel Fässler und seine Teamkollegen endeten schwierige 24 Stunden mit einem Happy-End: Dem zweiten Sieg in Folge beim wichtigsten Rennen des Jahres!


Marcel Fässler: «Das war ein unglaubliches Rennen. Es gab so viele Höhen und Tiefen – vor allem für mich. Ich hatte ein tolles Team. Die Mechaniker haben nach dem Unfall bei der Reparatur alles gegeben, um das Auto so schnell wie möglich wieder herzurichten. Meine Fahrerkollegen haben wie immer auch einen fantastischen Job gemacht. Für Audi ist heute ein großer Tag: Mit der neuen Technologie des e-tron quattro gleich einen Doppelsieg zu holen, ist eine tolle Sache. Le Mans ist für uns alle das wichtigste Rennen des Jahres. Das Team arbeitet das ganze Jahr auf diese 24 Stunden hin. Es ist genial, wenn etwas klappt, auf das du so lange hinarbeitest. Denn es ist nie einfach, hier zu gewinnen.»

In 24 Stunden legte das Siegerteam 378 Runden, eine Distanz von 5151,8 km und dies mit einem Schnitt inklusive aller Boxenhalte von 214,5 km/h zurück. Und mit den glücklich ausgegangenen Zwischenfällen bewies es, dass die Audi-Teams trotz der früh ausgeschiedenen Konkurrenz von Toyota keine Kaffeefahrt unternahmen sondern stets am Limit pushten und auch stets in einem internen Teamkampf engagiert waren.

    Der neue Toyota Hybrid und Le Mans-Neuling Sébastien Buemi überzeugten mit sehr schnellen Rundenzeiten.
Der neue Toyota Hybrid und Le Mans-Neuling Sébastien Buemi überzeugten mit sehr schnellen Rundenzeiten.

Überraschend starkes Toyota-Debüt mit Buemi
Toyota-Hybrid-Pilot Sébastien Buemi
hatte leider schon sehr viel früher Feierabend. Vorher fuhr der Red Bull-F1-Ersatzpilot bei seinem Le Mans-Debüt hervorragende Zeiten und kämpfte sich als zweiter Fahrer nach Startpilot Sarrazin im Fahrzeug Nummer 8 aus eigener Kraft in die Spitzengruppe vor. Er drehte phasenweise die schnellsten Rennrunden und leistete sich dabei nicht den geringsten Fehler. Optimisten träumten bereits von einem Schweizer Doppelsieg. Und die Experten staunten über den beeindruckenden Speed der Toyota Hybrid bei ihrem Renndebüt. Dann lösten sich die Hoffnungen innert weniger Runden in Luft auf. Zuerst fiel Buemis Teamkollege Anthony Davidson einem üblen Crash mit einem völlig überforderten Ferrari-GT-AM-Piloten zum Opfer.

Als der Safetycar die Piste wieder frei gab, leistete sich Nakajima im zweiten Toyota Hybrid einen folgenschweren Fahrfehler und rempelte dabei gleich noch den futuristischen Nissan DeltaWing von der Piste. Nach diesem Zwischenfall war der Wurm im Toyota Nummer 7 drin. Zuerst musste bei einem Boxenstop die Energiespeicher gewechselt werden, dann munkelte man von thermischen Problemen und schliesslich gab man einen Motorschaden bekannt und schloss das Boxentor.

Neel Jani feierte im Lola-Toyota des Rebellion-Teams den 4. Gesamtrang als bester Nicht-Audi.
Neel Jani feierte im Lola-Toyota des Rebellion-Teams den 4. Gesamtrang als bester Nicht-Audi.

Neel Jani nach toller Leistung «Best of the rest»
Fast wie einen Sieg durfte hingegen der Seeländer Neel Jani
seine konstante und weitestgehend problemlose Fahrt feiern. Er landete auf Rang 4 als bester Nicht-Werkspilot im Lola-Toyota des Schweizer Rebellion Teams, das mit Saugmotoren vom Toyota-Werk ausgerüstet wird. Das zum Gigant Audi kleine Privatteam, das unter Schweizer Flagge segelt, jedoch von einem englischen Team technisch betreut wird, konnte sogar noch einen der Werks-Audi hinter sich lassen. Damit verbesserte Jani, der sich während den 24 Stunden mit Nick Heidfeld und Nicolas Prost abwechselte, das ausgezeichnete Vorjahresergebnis um weitere zwei Plätze. Neel Jani: «Rang vier und bestes Privatteam, zwei Positionen besser als im Vorjahr. Wir können sehr zufrieden und stolz mit diesem Resultat sein. Unser Rennen war über die ganzen 24 Stunden praktisch perfekt. Wir wussten, dass wir vom Speed her die Audis nicht fordern können. Wir wollten aber so nah wie möglich dran bleiben, um bei allfälligen Problemen bereit zu sein. Für einen Podestplatz hätten wir Glück gebraucht. Dieses Glück hatte nun eher Audi. Unglaublich, wie rasch sie ihre beschädigten Autos jeweils reparieren konnten. Als der Leichtbau-Audi am Sonntag Mittag hinter uns zurück gefallen war, musste ich noch mal richtig pushen, um ihn auf Distanz zu halten. Ich fuhr quasi eine Qualifying-Runde nach der anderen. Wir haben gesehen, dass ich selbst mit alten Reifen fast auf Augenhöhe der Audis fahren konnte. So blieb ich für ganze 5 Stints fast vier Stunden im Auto, ehe Nicolas Prost in der letzten Stunde noch übernommen hat.»

Das Schwesterauto von Rebellion Racing, mit dem Genfer Harold Primat im Team, musste einen Reparaturstopp wegen einer schleiffenden Kupplung hinnehmen und fuhr schliesslich auf Rang 11.

Trotz Problemen und einem Getriebewechsel freute sich Joel Camathias bei seinem Le Mans-Debüt über eine Zielankunft.
Trotz Problemen und einem Getriebewechsel freute sich Joel Camathias bei seinem Le Mans-Debüt über eine Zielankunft.

Mathias Beche auf Rang 2 der LMP2
Hervorragend auch die Leistung vom Genfer Mathias Beche
. Im offenen Oreca-Nissan des französischen Privat-Team Thiriet wurde der Gesamtsieger des letzten LMS-Rennens hervorragender Zweiter der LMP2 (auf Gesamtrang 8).

Auch das reine Schweizer Privatteam Race Performance durfte die Zielankunft geniessen und kräftig feiern. Die drei Piloten Michel Frey, Jonathan Hirschi und Ralph Meichtry blieben zwar nicht von Zwischenfällen, Ausrutschern und technischen Problemen mit dem Judd-Motor verschont. Das Amateur-Team erreichte trotzdem das aber als Elfte der LMP2 auf dem 26. Gesamtrang. Auch Le Mans-Neuling Joel Camathias sah letztlich die Zielflagge, was in Le Mans für jeden Rennfahrer ein grosser Moment bedeutet. Mit dem Porsche GT3 RSR des JWA/Avila-Teams beendete er das Rennen als Achter der Klasse auf dem 33. Und letzten Gesamtrang, nachdem kurz vor Schluss das Getriebe gewechselt werden musste.

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