Porsche Cayenne S e-hybrid: Lautlos durch die Stadt

Porsche gibt sich Grün. Hybrid-Antrieb im Rennsport und nun sogar Plug-In Hybrid-Technik beim opulenten SUV Cayenne sollen die technologische Effizienz des Sportwagen-Herstellers unterstreichen.                      Von Stefan Lüscher

Die Plug-In Hybrid-Palette von Porsche umfasst inklusive WEC-Rennfahrzeug vier Modelle.

Das könnte beinahe die Millionenfrage sein: Welcher Autohersteller produziert als weltweit erster in drei unterschiedlichen Fahrzeug-Segmenten Plug-In Hybrid-Fahrzeuge? Die Antwort lautet Porsche, obwohl Porsche den Einsatz eines Diesels und erst Recht eines Hybriden noch vor ein paar Jahren kategorisch abgelehnt hatte.

Wenn Sie es richtig beantwortet hätten, könnten sie sich jetzt das teuerste Modell dieses Trios kaufen, den Supersportwagen 918 Spyder. Als e-hybrid verfügt er über eine kombinierte Systemleistung von 887 PS/1280 Nm und beschleunigt in 2,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Seine Höchstgeschwindigkeit beträgt 345 km/h, im Idealfall (bis Tempo 150) legt er aber bis 31 km rein elektrisch zurück.

Die anderen Plug-In Hybriden sind die vor einem Jahr lancierte Sportlimousine Panamera S e-hybrid und der eben in Paris vorgestellte facegeliftete SUV Cayenne, den es neu ebenfalls als Plug-In Hybrid gibt und den wir im Umfeld von Frankfurt einem ersten Test unterziehen konnten.

Der Effekt ist enorm. Der kräftige Elektromotor, dessen Leistung sich im Vergleich zum Hybrid-Vorgängermodell von 46 auf 95 PS verdoppelt hat, setzt den 2,35 Tonnen schweren Geländewagen mühelos in Gang und verleiht diesem schon rein elektrisch ein Temperament, mit dem er bis Tempo 125 problemlos im Normalverkehr mitschwimmen kann.

Mit vollgeladener Batterie schafft der Cayenne e-hybrid bis 50 km.

Als elektrische Reichweite gibt Porsche für den Geländewagen 18 bis 36 km an, was uns realistisch erscheint und dem Buhmann der SUV-Fraktion, der in erster Linie auf Einkaufsfahrten in der Stadt wahrgenommen wird, ein völlig neues Image verleiht. Die Einkaufstour schafft er nun lokal emissionsfrei, mit Strom aus der Steckdose.

An normalen Steckdosen lassen sich die 10,8 kWh fassenden Lithium-Ionen-Batterien in rund dreieinhalb Stunden aufladen, mit Starkstrom in weniger als eineinhalb Stunden. Wer rein elektrisch fahren will, dem hilft im E-Modus ein künstlicher Druckpunkt im Gaspedal – eine sehr clevere Einrichtung.

Im Cayenne e-hybrid gibt es eine Batterieanzeige und ein Energieflussdiagramm.

Überdrückt man diesen, springt ansatzlos der von einem Kompressor aufgeladene 3-Liter-V6-Motor an. Der Benziner leistet 333 PS, die Systemleistung wird mit 416 PS und 590 Nm von 1250 bis 4000/min beziffert. Damit lassen sich auch sehr sportliche Fahrfreuden geniessen, auch wenn er sein enormes Gewicht – auch im Vergleich zum gleich motorisierten aber rund 250 kg leichteren Panamera S e-hybrid – nie ganz kaschieren kann. Von 0 auf 100 km/h beschleunigt der Luxus-SUV in 5,9 s, als Spitze erreicht er 243 km/h.

Im Vergleich zum Mitsubishi Outlander Plug-In Hybrid, der rund 50 km rein elektrisch schafft und dessen Hinterachse elektrisch angetrieben wird, ist der Cayenne ein Geländewagen, zwar ohne Redaktionsgetriebe, aber mit einer Kardanwelle und einem selbstsperrenden Mitten-Differenzial sowie einer Momenten-Grundverteilung von 42:58% zugunsten der Hinterachse. Als Kraftübertragung bedient sich Porsche einer 8-Gang-Wandler-Automatik von Aisin.

Als Plug-In Hybrid bietet der Cayenne e-hybrid Sportwagenleistungen und alle SUV-Vorzüge ohne schlechtes Gewissen.

Der Verbrauch hängt wie immer bei diesen Technologien sehr stark von der Fahrstrecke und der Distanz ab. Mit vollgeladener Batterie schafften wir die ersten fünfzig Kilometer mit 3,7 l/100 km. Nach 100 Kilometern pendelte sich der Verbrauch bei 7,4 l/100 km ein. Auch mit leerer Batterie fährt sich der Cayenne e-hybrid wie ein Hybrid. Das heisst, dass er die Bremsenergie bunkert und erneut in emissionsfreie Teilstücke investiert und dass der Benziner beim Bergabrollen und an Ampeln selbstverständlich aus ist und das Fahrzeug mit abgekoppeltem System so viel wie möglich «segelt». Das Werk gibt einen Normverbrauch von 3,4 l/100 km an, der in der Praxis aber auf die Dauer nicht zu halten ist.

Ansonsten profitiert der e-hybrid von allen Modellpflegemassnahmen des Facelifts, die allerdings sehr zurückhaltend ausgefallen sind. Das Gesicht, die Motorhaube und die Heckpartie mit neuem Diffusor wurden renoviert und die Leuchten aufgefrischt. Dazu kommen ein neues Multifunktionslenkrad mit Schaltpaddel, eine Fondsitzanlage mit mehr Komfort und eine Heckklappe, die sich elektrisch öffnet. Beim e-hybrid kommen entsprechende Anzeigen dazu, die zum Beispiel über die Batteriereichweite oder den Energiefluss informieren und rundum grüne e-hybrid-Logos und sogar grüne Bremszangen.

Röntgenbild durch den facegelifteten Porsche Cayenne E-hybrid.

Zurückgehalten hat sich Porsche bei den Preisen für den e-hybrid. Während der nunmehr 420 PS starke Cayenne S (bisher 400 PS) um CHF 4900.– teurer wurde, kostet der deutlich stärkere, sparsamere und mit innovativer Plug-In Hybrid-Technologie aufgewertete e-hybrid CHF 3500.– weniger als das Vorgängermodell, nämlich CHF 108’800.–, was exakt dem Preis für den Cayenne S entspricht. Damit ist die Win-win-Situation perfekt: Für den gleichen Preis etwas für die Umwelt und das gute Gewissen tun und gleichzeitig der CO2-Gesamtbilanz von Porsche Gutes tun.

Steckbrief: Porsche Cayenne S e-hybrid
Modell: Fünfsitziger Geländewagen mit fünf Türen
Länge/Breite/Höhe: 4,86 m/1,94 m/1,71 m
Radstand: 2,90 m
Gewicht: ab 2350 kg, Anhängelast 3500 kg
Laderaum: 580 bis 1690 Liter
Motoren: 3,0-Liter-V6-Zylinder, Benzin-Direkteinspritzung mit Kompressor-Aufladung, Leistung 333 PS/245 kW, 440 Nm, Elektromotor 70 kW/95 PS und 310 Nm, Systemleistung 306 kW/416 PS, 590 Nm.
Antrieb: Allradantrieb, 8-Gang-Wandler-Automatik
Fahrleistungen: 0-100 km/h in 5,9, Spitze 243 km/h (elektrisch 125 km/h)
Verbrauch: Norm 3,4 l/100 km
Preis: CHF 108’800.–
Markteinführung: Herbst 2014

■  Plus
+  souveräner und sparsamer Antrieb
+  sportliches Handling
+  fairer Preis
■  Minus
–  insgesamt zurückhaltendes Facelift