Pisten Bully-Test mit Audi-Werkspilot Marcel Fässler: Bubentraum mit Raupen

Share

Pisten Bullys faszinieren und verströmen einen Hauch Abenteuer. Ihre Fahrer sind Bezwinger der Berge und Könige der Nacht. Für den SonntagsBLICK bin ich gemeinsam mit Langstrecken-Weltmeister Marcel Fässler (36) im Hoch Ybrig auf ungewöhnliche Testfahrt. Von Stefan Lüscher

Modernste Technik machen das Fahren eines Pisten Bully auch für einen Ungeübten zu einem prickelnden Abenteuer.

Modernste Technik machen das Fahren eines Pisten Bully auch für einen Ungeübten zu einem prickelnden Abenteuer.

Wenn Skifahrer den Tag mit müden Knochen ausklingen lassen, erobern sie mit bäriger Kraft die Pisten. Wie riesengrosse Spinnen rattern Pisten Bullys Nacht für Nacht über die Skipisten und präparieren selbst die steilsten Hänge. Die fast unheimlichen Raupen-Kolosse faszinieren. Für den modernen Skitourismus sind sie unverzichtbar. Was für die Chauffeure harter und nicht ungefährlicher Berufsalltag bedeutet, ist für viele Skifahrer ein Bubentraum, der Inbegriff von Freiheit und eines der letzten Abenteuer.

Einmal mit einem Pisten Bully durch den Tiefschnee, die steilsten Hänge rauf und runter, davon haben auch Rennfahrerprofi Marcel Fässler und ich schon lange geträumt. Fässler: «Als Skifahrer ist der Hoch Ybrig mein Heimspiel. Hier kenne ich jeden Sprung und jede Welle. Die Pisten Bullys habe ich immer für ihre bullige Kraft bewundert. Einmal damit zu fahren, finde ich cool.»

 

In der 1465 Meter hohen Bergstation von Hoch Ybrig erwarten uns Chef Wendel Keller und sein Sohn Urs: «Ihr könnt gleich einsteigen und losfahren», überraschen sie den zweifachen Le Mans-Sieger sowie Sportwagen-Weltmeister und mich. Eingestiegen wird über die Raupe. Die Kabine ist modern und komfortabel. Der Schalensitz mit Sitzheizung bietet erstaunlichen Komfort. Das extrem kleine, wie bei einem Rennwagen oben offene Lenkrad, lässt sich über ein Pedal hoch und runterklappen. «Man hält es sehr tief und nah am Körper. So entwickelt man mehr Gefühl für die Pisten.» erklärt Urs Keller.

Gestartet wird im hippen Sportfahrzeug per Knopfdruck. Der Motor befindet sich für eine optimale Gewichtsverteilung hinter der dreisitzigen Fahrerkabine. Der 12,8 Liter-6-Zylinder-Turbodiesel stammt von Mercedes und leistet 400 PS/1900 Nm bei 1300/min.

Die Erfüllung eines Bubentraums und eine aussergewöhnliche Testfahrt: Stefan Lüscher im Pisten Bully auf dem Hoch Ybrig.

Die Erfüllung eines Bubentraums und eine aussergewöhnliche Testfahrt: Stefan Lüscher im Pisten Bully auf dem Hoch Ybrig.

Der Wandlerantrieb ist stufenlos, die Höchstgeschwindigkeit beträgt 25 km/h. Audi-Werkspilot Fässler drückt die Pfeiltaste nach vorne und gibt Gas. Der 5,50 Meter breite und über 8 Tonnen schwere Koloss setzt sich spontan in Bewegung und wühlt sich durch den Tiefschnee. Mühelos und unbeeindruckt. Für ganz steile Hänge steht eine Seilwinde mit einem 1000 Meter langen Stahlseil zur Verfügung. Fässler strahlt wie auf der Jungfernfahrt mit seinem Le Mans-Renner: «Das fährt sich fast wie ein PW. Die Lenkung reagiert extrem sensibel. Noch direkter als im Rennwagen. Das ist auch bei tiefen Geschwindigkeiten ein Riesenspass.»

Urs Keller präzisiert: «Dieser total fast zehn Meter lange Kässbohrer Pisten Bully 600 ist der Rolls Royce der Pistenfahrzeuge. Er kostet eine halbe Million Franken. Das Fahren ist ein Kinderspiel. Die Kunst ist das präzise führen von Pflug und Walze. Da ist Erfahrung, reine Handarbeit und viel Feingefühl gefragt. Die ausgeklügelte Hydraulik wird mit der rechten Hand über einen speziellen Joystick gesteuert. Wichtig ist dabei das Lesen des Geländes und der richtige Einsatz der Seilwinde.»

Langstreckenweltmeister Marcel Fässler mit Hoch Ybrid-Juniorchef Urs Keller auf der Pisten Bully-Raupe.

Langstreckenweltmeister Marcel Fässler mit Hoch Ybrig-Juniorchef Urs Keller auf der Pisten Bully-Raupe.

Fässler ist begeistert: «Das ist ein echte High-Tech. Der Joystick dirigiert den Pflug wie im Videospiel. Die Dachscheinwerfer, die man als Skifahrer nachts vom Restaurant aus beobachten kann, wie sie gespenstisch über die Pisten tanzen, leuchten das Gelände perfekt aus. Fürs Rückwärtsfahren gibt es wie in luxuriösen Personenwgen sogar eine Kamera. Ich melde mich vielleicht mal als Aushilfsfahrer.»

Zurück in der Garage empfängt uns Hoch Ybrig-Chef Wendel Keller: «Uns fragen viele, ob sie einmal Pisten Bully fahren können. Wir nehmen Gäste gerne als Beifahrer mit. Die meisten unterschätzen die Arbeit. Da ist viel Konzentration und Ausdauer erforderlich. Wir haben sechs Pisten Bullys im Einsatz. Normalerweise fahren wir abends bis tief in die Nacht. Wenn es schneit, beginnen wir um vier Uhr morgens. Unsere Pisten führen über 800 Höhenmeter. Zum Teil sind sie bis zu 27 Pisten Bully-Spuren breit. Dazu haben wir eine Langlaufloipe und eine aufwändig präparierte Funpiste. Eine einzige Nacht Pistenpräparation kostet uns total rund 10 000 Franken. Infos: www.hoch-ybrig.ch

Comments (4)

Heiny VolkartJanuar 3rd, 2014 at 16:24

Gratuliere, Stefan. Mag ich Euch gönnen. (Wie ich es mir selber auch gönnte … 😉 )
Gruss, Heiny

Thorsten PodlechJanuar 7th, 2014 at 13:09

Hallo Stefan, tolle Bilder und auch ich gönne euch den unvergesslichen und einmaligen Augenblick. Als Mann kann man die dort entstehenden Emotionen sehr gut nachvollziehen. Viele Grüße Thorsten

Gernod KrämerJanuar 7th, 2015 at 11:36

Macht bestimmt viel Spaß, dieser Job, ich denke, da kann man als Mann schon mal neidisch werden, aber vielleicht werde ich ja mal Gast bei Euch und kann ja als Beifahrer mitfahren. Viele Grüße Gernod

Holger PJanuar 19th, 2015 at 10:25

Sieht nach Spaß aus, aber bestimmt kein leichter Job für die Pisten-Profis.
Bin immer froh über gut präparierte Schneepisten, vielen Dank.

Leave a comment

Your comment